The Ancient Gallery - DIKTAT(O)UR 2005 (Tallinn, Riga, Minsk)24.11.05 So, werte Leserschaft,nach 3 Tagen zurück auf demokratischen Boden, habe ich es nun in Angriff genommen, unseren heldenhaften Ausflug nach Osteuropa in eine kurze Beschreibung zu bekommen. So viel vornweg: alles was hier vielleicht als negativ oder abwertend rüberkommt, entspringt meiner / unserer vollkommen übersättigten, arroganten und westlich geprägten (ja es reichen bereits 15 Jahre Bananen und Joghurt!!!) Sichtweise und darf auf keinen Fall auf die stolzen Menschen und ihre Heimat eins zu eins übertragen werden. Wir haben viele Leute kennen gelernt und in ausführlichen Gesprächen ihre Geschichte und ihre Lebenswege kennen gelernt - ihnen gilt unser größter Respekt und Achtung! Na dann los: Aus organisatorischen Gründen brach kurz vor unserer Abreise der geplante Gig in Tallinn weg - aus kostenrechnerischen Gründen behielten wir nichtsdestotrotz unsere geplante Route ein (zumindest teilweise). Dreiviertel der Kapelle, Tonmaster Rosi, der grandiose Lightdesigner Ralph und unser "Tourkücken" Anne waren hier in dieser Reisegruppe versammelt. Um es abzukürzen, es ist nichts passiert, außer das unser Equipment beim Sicherheitscheck in Berlin ein gequältes "Ach nee, Scheiße!" des Diensthabenden entlocken konnte - er wollte Feierabend machen und keinen Schnellkurs in Instrumentenlehre nehmen… Kurzes Angstbier vor dem Flug (es war ja noch nicht Tag…) und ab! Ankunft in Tallinn 11.00 Uhr Ortszeit (wer clever ist, der wird bemerken, dass das mit dem Angstbier und der Zeit etwas geflunkert war - aber wir machen ja Rock 'n' Roll und keinen Spaß, oder?) Alles in zwei Taxis rammeln, Fahrer zuquatschen und ab ins Hostel, welches glücklicherweise mitten in der Altstadt lag. "Herrliche Welt", um kurz Rosi zu zitieren. Der Spruch verging ihm aber, sobald die Hausregeln klar gemacht wurden: nicht rauchen und Ruhe halten! Wer Rosi kennt, weiß, dass das zwei Dinge sind, die überhaupt nicht klar gehen…. Ein Teil bettete sein übernächtigtes Haupt einstweilen, der Rest (Band und Anne) machten sich auf den Weg um die Tickets für den allseits beliebten "Eurogrill" Bus nach Riga für den nächsten Morgen zu besorgen. "Natürlich gehen wir zu Fuß zum Busbahnhof. Haben ja den ganzen Tag gesessen…" Das der Weg aber durch ein Russen-Ghetto führt, war auf der Karte natürlich nicht zu erkennen. Aber hat ja was! Nach 45 Minuten Fußmarsch waren die Tickets unser und der Weg ging zurück. Friedel und ich drängten nun langsam darauf, den kulturellen Teil dieses Off – Days einzuläuten. Dem geneigten Leser wird klar sein, dass wir unsere Schritte direkt dem "Beer-House" (ja, gegenüber vom biersaufenden Schwein) zuwendeten, in der Annahme, man bekommt hier wie jedes Jahr einen Riesenhumpen Bier zum Spezial (Touristen) - Preis. Aber leider hatten wir nicht damit gerechnet, dass die EU so schnell ihre Spuren in der estnischen (Sauf-)Kultur hinterlassen würde. Um es kurz zu machen: die Gläser waren klein und teurer als zu Hause… schöne Scheiße! Also gingen wir geschlossen auf den Tallinner Weihnachtsmarkt bummeln und siehe da, der Glühwein schmeckte hervorragend. Nachdem die "alten Hasen" den "Frischlingen" ein paar Sehenswürdigkeiten gezeigt hatten, wir in einer Kneipe waren (ja was denn, es war schon dunkel seit halb 4!), drängte Ralph ziemlich bestimmt darauf, endlich den kulinarischen Höhepunkt zu erklimmen und im "Pfeffersack" (dem besten Lokal am Platze) zu dinieren. Mir schwante Übles, wenn ich nur an die Preise dachte. |
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![]() TAG in einem Lokal |
![]() Tallinn am Nachmittag |
Rosi besorgte uns einen Platz direkt neben der Küche (oder war es das Klo?) und wir orderten einen Berg Fleisch für alle. Essen war
gut – die Unterhaltung kam etwas zu kurz, lediglich eine Bauchtänzerin verirrte sich zu uns in den Keller. Danke Rosi! Auf dem
Rückweg zum Hostel erspähten wir einen der zahlreichen "Alcohol"-Shops und ließen uns nicht lumpen, eine kleine Menge an Rock bzw.
Hardrock Bier mitzunehmen. Hätte ich geahnt, dass wir noch in die Sauna gehen – hätte ich es gelassen. Nun denn: Convex, Ralph und
Rosi weihten Friedrich und mich in die Geheimnisse des Profisaunierens ein. Nicht oben hinsetzen und wenn es dreht im Schädel: raus
gehen! Wir schafften 3 Durchgänge und benötigten kein Bier mehr zum schlafen! Ein Rätsel bleibt mir, warum Anne es verweigerte, sich
mit 5 Kerlen in eine Sauna zu setzen… hmmm. Hier muss ihr wohl der Gedanke zum Tourmotto "DIKTAT(O)UR" gekommen sein, welches sie
uns ein paar Tage später offerierte. |
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![]() Ohne Worte… |
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25.11.05 Aufstehen um 8.00 Uhr. Es gab auch Kaffee oder so was in der Art, zumindest reichte es, um die "Morning Fit"-Tabletten unserer Vorbewohner runterzuspülen, welche sie im Schrank vergessen hatten. Eine tolle Erfindung: Katertabletten (Mitnehmen)! Es erwies sich als Glücksfall, dass wir bereits abends zuvor ein Großraumtaxi von Straße weg fingen und für den nächsten Morgen bestellten. Es war, glaube ich, das erste Mal, dass man uns auf einer Taxifahrt nicht beschiss. Mir graute es schon vor dem Gedanken, die nächsten 5 – 6 Stunden in einen überheizten Bus zu steigen, der uns nach Riga fahren sollte. Und… der "Eurogrill" hielt Wort, dieses Mal hatten wir jedoch den Vorteil: 1.) weder krank 2.) weder verkatert 3.) noch sonst wie im Arsch zu sein. Wir hatten gute Plätze ohne Hintermänner und eigentlich nicht viel zu meckern. | |
![]() Zwischenstopp mit Eurogrill |
![]() Busfahrt |
An der Grenze zu Lettland sorgte der Drogenhund, der durch unsere Reihen gejagt
wurde, für einiges an Gelächter, als das arme verhungerte Vieh permanent an
Friedrichs Rucksack anschlug. Der Grund war schnell gefunden: nix Medicamenta or
Drugs. Nee, ne Wurschtbemme aus der Heimat war’s! Der Hund bekam eine aufs
Maul und ich durfte an der Bemme kauen… hat sich doch gelohnt, so ein Hund.
Sonst hätte Friedrich das Brot wohl wieder mit nach Hause genommen – ich möchte
nicht wissen, was der weißrussische Drogenhund dann aber gerochen hätte – Pilze,
nehme ich mal an. Die gedeihen ja dank dem "strahlenden" Klima dort nämlich sehr
gut. Kurz nach der Grenze nahmen wir den ersten Kontakt zu unserem "4. Beatle" auf, er kam ja directly from Liverpool, yeahhh. Und es begann zu schneien. Richtig so – wo sind wir denn. Robin und unser Manager Mirko empfingen uns freudestrahlend (vielleicht etwas zu lange da gewesen, wa?) auf dem Busbahnhof zu Riga. Nach einer ausgedehnten Sich-um-den-Hals-fallen-Aktion und einer kurzen Kippenpause. Schleppten wir unser komplettes Equipment zu Fuß (naja schon per Hand) in den Club "Depot", in dem am heutigen Abend nun endlich mal gearbeitet werden sollte. Kurze Besichtigung im Club… alles o.k. Nun noch schnell stärken – im Künstlercafé (yeahh – hatte der Beatle schon vorher aufgetan…), eine kleine Soljanka und ein Bierchen später gings 19.00 Uhr zum Soundcheck. Da wir 5 Wochen nicht zusammen gespielt hatten, war es uns nur Recht, dass wir einen ausgiebigen Check bekamen (nicht das wir ihn nötig gehabt hätten). | |
![]() Wiedersehen in Riga mit Mirko |
![]() "Beatle", Soundcheck im "Depot" |
Nach 2 lokalen Supports enterten wir ca. 23.00 Uhr die kleine Bühne – es waren
immerhin 150 Leute da. Einige kannten uns noch vom letzten Jahr…
Tja was soll ich schreiben: ein tolles Konzert! Leute toben und tanzen, brüllen und
machen obszöne Andeutungen… Genauso muss das sein! Ich liebe Riga!
Friedrich ließ sich sogar wieder einmal zu seinem berüchtigten Animierprogramm
hinreißen, bei dem das Bassspiel zwar zu kurz kommt, aber es gut anzuschauen ist.
Danach Aftershow-Party… | |
![]() Konzert in Riga |
![]() Fans |
26.11.05 Übernachtung in 2 Gruppen, was fatale Folgen haben sollte. Meine Gruppe nächtigte privat ("bei dem bekanntesten Punkrocker Lettlands…" – ich werd verrückt, echt ehh?), nicht ohne zuvor einen illegalen Spätshop aufzusuchen. Um 4.45 Uhr dürfen die normalen Läden ja wohl auch mal zu haben. Das Blöde an der Übernachtung war wohl weniger, dass das Haus nebst Inventar noch auf dem Stand des Baujahrs war (ca. 1920), sondern eher die Tatsache, dass eine (dreibeinige) Katze in der Wohnung lebte und Robin extremst allergisch auf diese Tierchen reagiert. Er überlebte nur knapp.13.00 Uhr war konspirative Sitzung über den Fortgang unseres Ausflugs angesagt. Es mehrten sich beständig Stimmen, die da behaupteten, man möge doch angesichts der politischen Lage in Weißrussland, die Heimreise antreten. Dummerweise schliefen diese Stimmen auch noch alle zusammen in der anderen Gruppe, ohne das jemand von uns hätte regulierend eingreifen können. Was die Lage und die Stimmung sehr verschlechterte. Wir trafen uns auf neutralem Boden: in einer Pizzeria. Nach 5 Stunden harter (ich glaub in manchen Punkten auch sachlich geführter) Diskussion war es entschieden: | |
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WIR FAHREN NACH MINSK! ALLE!![]() Und alle sind glücklich… fast alle! |
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Das musste gefeiert werden, es hätte ja das letzte Mal sein können, oder?
Start ins Ungewisse: 18.17 Uhr Hauptbahnhof Riga. Vor uns: 13 Stunden Zugfahrt
mit dem Nachtzug. Im Kopf: allerlei Horrorgeschichten über willkürliche Zoll- und
Grenzbeamten, Folter, Mord- und Totschlag, KGB und was weiß ich denn. Jeder
hatte natürlich irgendeinen entfernten Bekannten oder zumindest der hatte mal was
gehört von… und überhaupt. Wir bezogen unsere 2 Viermannkabinen und richteten uns häuslich ein. Die netten Zugbegleiterinnen (zwar etwas in die Jahre gekommen – aber sehr lovely) erkannten unsere Sorge und beruhigten uns mit einem heißen Tee aus dem Samowar und dem Umstand, wir sollten froh sein, dass wir keine Amerikaner wären, denn das wäre wohl nix gut… Aha! Kurzer hektischer Schlaf zwischen 22.30 Uhr und 23.00 Uhr. Wecken. Taschenlampe in der Fresse. Mirko regelt souverän auf Russisch die ersten Details. Robin schläft. Der Grenzer (draußen stand noch ne Horde mit Knarre im Anschlag) hätte doch dann ganz gerne Robins Pass gesehen, man wird ja wohl mal fragen dürfen, oder? Robin schläft. Nun hat der Grenzer alle Pässe gesehen und ich habe derweil versucht, meinen Bruder aus dem Tiefschlaf zu bekommen. Vergebens. Passport? Wir rütteln und zerren an dem Beatle herum und was macht der? Er brüllt auf Englisch(!!!) was von fucking leave me alone und shit…. Prima! Guter Eindruck Robin! Es ist nicht passiert, absolut gar nichts. Wir hatten unsere Zollliste bereits in Deutschland zusammengestellt, mit einem Stempel versehen (macht immer Eindruck) und waren auch sonst gut vorbereitet. Wir hatten ein gültiges Visum uns konnte nix passieren. Lediglich unsere MP3-Player sorgten für etwas Kopfzerbrechen, der ehrgeizige junge Zollbeamte war unumstößlich der Meinung, man könne damit auch Videos aufzeichnen… und das ist ja nun nicht wirklich erwünscht. Sein erfahrener Kollege zeigte ihm kurz den Vogel und die Sache war erledigt. Siehe an, es war 0.00 Uhr, der 27.11.05 Ich hatte Geburtstag. Und wir hatten zwei Dinge zu feiern: den erfolgreichen Grenzübertritt und meinen Ehrentag. Dafür musste nun aber das Zugrestaurant herhalten – dessen Vorrat innerhalb 1,5 Stunden jedoch aufgebraucht war und wir uns nun doch etwas Schlaf gönnten. Ein lautes Hämmern an der Abteiltür und ein „freundliches“ dobri utro – MINSK! (Ich werde hier nur in Lautsprache die russischen Zitate wiedergeben… obwohl wir des Kyrillischen durchaus noch mächtig waren) Welch freundliche und warmherzige Begrüßung und das schon um 6.00 Uhr morgens. Wir, völlig überfordert mit der Zeit, der Stadt, der Situation, und überhaupt allem – stürzen uns in unsere Klamotten (ja die langen Unterhosen…) packen unsere 1000 Cases und Taschen zusammen und warten gespannt der Dinge, die da kommen mögen. Es kam gar nix. Über eine Stunde ging es weiter durch die herrlichste weißrussische Landschaft, mit anhimmelnden Anwesen und schneebedeckten Plattenbausiedlungen. Eine Fahrt ins Graue, sozusagen. |
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![]() Mein Minsk... |
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Am Rande eines Kreislaufkollapses trafen wir 7.13 Uhr in Minsk auf dem
Hauptbahnhof ein und wurden bereits von der lokalen Veranstalterin Shamanka und
einigen ihrer Begleiter winkend auf dem Bahnsteig empfangen. Waren wir nun schon
erleichtert, dass alles glatt lief, so müssen der armen Frau tonnenweise Steine vom
Herzen gefallen sein. Wie im Nachhinein zu erfahren war, war sie seit mehr als 48
Stunden auf den Beinen aus Sorge um uns und nicht zu unrecht auch aus Sorge um
sich selbst. Die Geschichten, die wir im Laufe der nächsten 48 Stunden von ihr und anderen zu hören bekamen, was die politische Verfolgung in diesem (naja sagen wir mal – autokratischen) Staat anbelangt, hatten es in sich, sie sind da weder zimperlich noch feinfühlig. Es verlangt uns die höchste Achtung ab, dass es Menschen gibt, die für ihre Überzeugung und ihre Ideale bereit sind, alles zu opfern. Ich weiß nicht, ob es in unseren Gefilden noch solche Exemplare gibt – wir gehören anscheinend nicht mehr dazu. Und wenn wir durch unsere Anwesenheit, die für uns bei weitem nicht so gefährlich war wie für die Einheimischen, auch nur einen kleinen Beitrag dazu leisten konnten, den Ehrgeiz und den Funken von Eigenständigkeit weiter am Leben zu erhalten, dann hat sich die ganze Sache für uns gelohnt. Soviel hierzu… Wo waren wir? Ach ja… wir fuhren also in 2 Wagen zur Wohnung der Veranstalterin. Eine beschauliche 1-Zimmerwohnung im 9. Geschoss eines der typischen Minsker Plattenbauten (ohne Putz und sonstigen Schnickschnack). Dort bereitete die gute Seele erst einmal ein tolles Frühstück – Rosi ließ seine Dose „Red Bull“, für die Shamanka bestimmt ein halbes Monatsgehalt geopfert hat, nicht mehr aus dem Blick, so sehr freute sich unser Soundmaster über ein bisschen „Heimat“ – wenn es schon keine 100er Marlboro gibt… (das war aber wieder ein ganz anderer Kampf!). Nun blieben noch 5 Stunden Zeit, um etwas Schlaf zu tanken. Zu 8 in einem Zimmer!!! Seht die Bilder an und ihr wisst bescheid. |
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beim pennen und chillen |
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13.00 Uhr war Soundcheck angesagt (ja, hier laufen die Uhren noch etwas anders – später erfahrt ihr auch warum). Wir wurden in den Club gekarrt und unterwegs offenbarte sich uns auch schon erster Vorgeschmack auf die über 2 Millionen Menschen beherbergende Stadt; in einem Wort: GRAU! In der Heimat ist erster Advent, es gibt Nussknacker und Weihnachtsgebäck (schluchz - und das am Geburtstag)… hier geht alles seinen sozialistischen Gang (und Fresse halten, basta)! Der Club: unser erster Eindruck beschreibt es sicherlich am Besten „Palast der Republik“! Eine große Halle, eine Hälfte abgeteilt als Billard-Area – die andere Hälfte teilweise mit Theaterbestuhlung, ohne Bühne und ein technisches Chaos vor dem Herrn. Und hier zeigte sich, warum wir uns 100% auf unsere Crew verlassen können. Rosi koordinierte im straffen Ton und Tempo sein weißrussisches Pendant zu einem Arbeitstempo, das dieser wohl nie wieder erreichen wird… (er musste zwischendurch auch gleich erst einmal seine Mahlzeit einnehmen, was Rosi lediglich ein verständnisloses Kopfschütteln abrang – den der Beginn der Veranstaltung sollte 17.00 Uhr sein!!! – aha: deshalb 13.00 Uhr Soundcheck)). Es musste eine Bühne improvisiert werden, die komplette PA umgebaut und neu verkabelt werden und zu Rosis Entsetzen packte er auch noch ein Behringer Eurodesk- Mischpult aus. |
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Chaos in Minsk… |
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Lichtchef Ralph lässt es ja bekanntermaßen immer etwas ruhig angehen und das war bei der allgemeinen Hektik auch nur von Vorteil. In seiner ihm eigenen Gelassenheit dirigierte er uns und andere Helfer zum Aufbau der Illumination. Schade nur, dass sein weißrussisches Gegenstück keine unserem Ralph bekannte Sprache verstand, in der er ihm hätte das computergestützte Programm für die Beleuchtung kurz erläutern können. Ich persönlich machte mir da überhaupt keine Gedanken, den Ralph hat mittlerweile mehrmals bewiesen, dass er selbst mit einem einfachen Lichtschalter und Stecker raus-rein-Taktik immer noch genügend Atmosphäre erzeugen kann, als seine Kollegen auf der gleichen Anlage. Soundcheckbeginn ca. 17.30 Uhr… hmm war knapp! Alles so halbwegs o.k. Shamanka lädt uns zum Essen ein und wir verschwinden erst einmal für eine Stunde aus der Halle. Stage Time sei 19.30 Uhr. Als wir wieder zurück durch den tiefen Schnee gestapft waren – wurden wir erst einmal vom Einlass auf Waffen gefilzt. Aha! Und die Halle war voll mit den illustersten Gestalten jenseits von Brest. Leute in Lack und Leder, Leute mit Stahlhelm, Punks, Gothics…. Alles da – wie zu Hause. Nach einer Reihe von DJs und Performances – besonders gut in Erinnerung blieb uns der Auftritt von Dromos (unserer Gastgeberin). Sie jagten eine nackte Frau mit Peitsche und allem Gerassel durch die Massen… toll! (Und sich dann wundern, wenn es brenzlig wird?) Punkt 19.30 Uhr wurden wir in den Hexenkessel getrieben. Die Leute kesselten uns von nahezu allen Seiten ein (Huch? Der Vergleich war nicht beabsichtigt – aber berechtigt.) und sie brüllten in ohrenbetäubender Lautstärke noch bevor wir irgendetwas gemacht hatten. Ja sie brüllten – vor allem Frauen – ganz tief und mit Hand vor dem Mund. UUUAAHHH!!!! Der Typ im Stahlhelm machte verfassungsfeindliche (bei uns zumindest) Gestiken und brüllte irgendwas vom „Deutschen Reich“… ja, genauso habe ich mir als demütiger deutscher Tourist meinen Geburtstag in der Minsker Ferne vorgestellt – mir war hundelend und überhaupt nicht wohl dabei. Meinen Mitstreitern muss es ähnlich gegangen sein, wenn ich die weit aufgerissenen Augen von Friedrich richtig interpretiert habe. Also: Augen zu machen und die Gitarre verprügeln – business as usual eben. Es war ein seltsames Konzert! Es war gut – aber strange – mit Publikum teilweise im Rücken oder 30cm vor der Fresse kann ich schlecht arbeiten und zu allem Überfluss war meine Gitarre oder die Bühne nicht geerdet. Jedes Mal wenn ich ein metallisches Teil dieses verdammten Instrumentes auch nur berührte, bekam ich so dermaßen eine geballert, dass ich trotzdem eine gute Show hinbekam. Ralph, der neben mir (!) am Lichtpult saß, bot mir höflicherweise seine Schuhe an (wir spielten barfuss) – doch soweit wollte ich es dann doch auch nicht kommen lassen. Wie sieht das denn aus: mitten im Konzert erst mal Schuhe anziehen? Also Zähne zusammen und auf den nächsten Einsatz warten. Robin hatte übrigens das gleiche Problem mit dem Mikro. Er muss es aber nicht immer anfassen, oder? Vielleicht sollte ich mir das auch mal überlegen mit dem Anfassen… Nach einer Stunde hatten wir es geschafft und durften die Annehmlichkeiten eines solch frühen Konzerts in Anspruch nehmen. Fotos hier, Autogramme da, … Erstaunlicherweise kamen bei uns allen die längst verloren geglaubten Russischkenntnisse wieder hervor, aber es bleibt einem ja nichts anderes übrig, wenn die kleine Masha dich so dufte findet und sie weiß Gott nur russisch spricht… |
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Im Hexenkessel… man beachte den Stahlhelm!![]() |
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22.45 Uhr: Licht an: Baschaluista (Wie zur Hölle schreibt man das in Latein…?) Auf in die Wohnung, mit zwei Taxis, die jedem Oldtimerfreak die Tränen in Augen treiben werden – Wolgas mit Haifischflossendesign – genial). Nicht so genial war, dass die Taxis schon voll waren, als ich (aus welchen Gründen auch immer) dazu stieß. "Tschüss Enni"…"schreib mal ne Karte", mehr fiel den Idioten, die sich Kollegen und Geschwister nennen nicht dazu ein. Aber nun ging mein sehnlichster Wunsch in Erfüllung: Mitten in der Nacht mit der Metro durch Minsk fahren! Um es zu relativieren: ich hatte noch den guten Mirko an Mann, der sich so schnell durch nichts aus Ruhe bringen lässt und eine Horde von 10 Weißrussen, die mir ständig eine neue Flasche (Alexandria!!! – warum wohl?) Bier gaben, so ein Häufchen Elend muss ich wohl abgegeben haben. Nun denn – es war toll! Alle Minsker schienen auf den Beinen zu sein, jeder noch so kleine Kiosk machte ein Riesengeschäft. Die Rotweinbestellung von Mirko kostete die Dame nur ein müdes Lächeln… Wodka? Jetzt mal kurz: wir kamen im 9. Stock an – Shamanka war wieder einmal von einer Tonnenlast befreit, obwohl das auch dem Umstand geschuldet sein kann, dass sie überhaupt noch zu Hause sein durfte und nicht … Ich trank mit meinen Kollegen eine kleine Flasche Wodka zum Geburtstag (war eigentlich für den Tonmann vor Ort gedacht – aber die Story kennt ihr ja – also: selber trinken!). Schlafen. 28.11.05 Aufstehen 10.00 Uhr, duschen, essen und nun auf zur Stadtbesichtigung. Unser Zug ging erst 17.30 Uhr. Mit der Metro ins (politische) Zentrum von Minsk. Wir hatten abends zuvor Miroslav kennen gelernt – er sprach perfekt deutsch und übersetzte uns Shamankas Erklärungen und erklärte selbst viel von den Gebäuden und Plätzen. Präsidentenpalast, KGB-Hauptquartier, Kriegsdenkmal, Panzerdenkmal, Staatstheater, Parlament (für was bitteschön?) etc. Fahrt nach Minsk und schaut Euch das selbst an. Für uns war’s ne Reise in die Vergangenheit – sowohl in die Gefilde des ausgefuchsten sozialistischen Architekturstils, als auch in Zeit, als Deutsche zum letzten Mal in Minsk ihr Unwesen trieben…erschreckend!Rosi verzichtete aus nahe liegenden Gründen auf wilde Knipserei all dieser Highlights und so sind nur vereinzelt ein paar Bilder mit uns in der Altstadt (ja so was gibt’s auch noch) entstanden, als wir für eine einheimische Fotografin posierten, die gern Friedrich geheiratet hätte wie später zu erfahren war… |
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![]() Sightseeing in Minsk |
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Wir hatten uns nun doch etwas verbummelt und mussten nun ranklotzen, dass wir unseren Zug schaffen – es wollte keiner da bleiben… Zug geschafft – herzzerreißende Abschiedsszenen – ab in den Schlafwagen (diesmal 3er Kabinen) - eine allgemeine Erleichterung macht sich breit in der Reisegruppe. Und nun durfte endlich mal richtig gefeiert werden… Kurzer Zwischenstopp an der polnischen Grenze – hier mussten die Wagonunterbauten gewechselt werden, da hier ein anderes Schienenmaß verwendet wird. Im Umstellwerk blühte der Schwarzhandel mit allem Erdenklichen vortrefflichst. Unser Einkauf: 10 Flaschen Bier und 2 Flaschen Sekt (wobei die 2. Flasche jemand anderes bezahlt hat, oder Robin?). Die Zugbegleiterinnen hier waren das krasse Gegenteil zu denen aus Riga. Hier: Topmodells mit einem langen Gürtel über dem Arsch und so dermaßen unfreundlich, dass Rosi und Mirko mehrmals (!) eine gescheuert bekamen, weil sie eben gerade mal im Weg standen (oder weil ihnen der Sabber aus dem Mund lief?). Des Weiteren waren sie so mit ihren Schmuggelgeschäften beschäftigt, dass sie gar nicht die Zeit gehabt hätten, sich um uns zu kümmern. Also blieb Rosi nichts anderes übrig, sich seinen Kaviar selbst zu holen … so eine Unverschämtheit. |
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Ab nach Hause! |
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Ereignislose Fahrt back home. Ankunft: 11.15 Uhr in Berlin. Schuttlebus wartet bereits. Heimische Toilette: ich komme… |
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![]() Berlin! |
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Da es uns so viel Freude bereitet hat, freuen wir uns schon auf Februar 2006. Da
geht’s nach St. Petersburg, juhuhhh. Los Angeles wäre doch auch mal ne Idee,
oder?
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal allen danken, diese Diktat(o)ur ermöglichten:
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